Inzwischen haben wir bald Ende November und schon den ersten Schnee. - Für meine Gegend eher ungewöhlich, zumal es am Abend zuvor nicht nur ein paar Flocken mit Regen vermischt geschneit hatte,
sondern die Landschaft am Morgen eine sichtbare Schneedecke aufweist. In der Nacht war es so kalt, dass es beim Losgehen unter meinen Füßen hörbar knirscht. Für eine kleine Fotopirsch durch den
heimatlichen Wald keine wirklich so gute Voraussetzung. Ständig ist man dann auf der Suche nach möglichst leisen Wegbereichen.
Unter diesen Voraussetzungen wünsche ich mir beim Start natürlich Begegnungen mit Waldtieren in dieser herrlichen Winteratmosphäre. An einem solchen Morgen sind die Erwartungen schon hoch, da
sich die Chancen auf Fotos mit Tieren im Schnee bei uns wenig geben und in den vergangenen Jahren echt rar waren. Wenn es dann jedoch bei jedem Schritt ob der frostigen Nacht knirscht, gibt man
sich realistisch keine all zu großen Chancen auf eine tolle Tierbegegnung.
Langsam und möglichst leise gehe ich dann kurz vor Sonnenaufgang los. Es ist angenehm kalt, die Waldwege sind noch unbegangen. Zuerst rührt sich nichts. An einem mir bekannten Wildwechsel kommt
dann doch zuerst ein Reh auf den Waldweg heraus und dann noch ein zweites hinterher. Ich freue mich, meine ersten Fotos machen zu können. Doch oh Schreck, mein Akku zeigt schon Rot. Da ich sehr
spontan aufgebrochen war, hatte ich den Akku in der Kamera nicht mehr gecheckt. Eigentlich kein Problem. Der Ersatzakku ist dabei - aber tief unten im Rucksack. Während ich noch darüber
nachdenke, wie ich möglichst unauffällig den Akku herausangeln kann, nehme ich im Augenwinkel einen Rotfuchs wahr, der auf einem zugewachsenen Holzabfuhrweg direkt auf mich zukommt. Im Moment
habe ich zwei Motive zur Auswahl: Vor mir auf dem geschotterten Fortsweg ein äsendes Reh am Wegrand und ziemlich genau 90° dazu der Rotfuchs und all dem Motivglück zum Trotz einen fast leeren
Akku. Wie lange wird der Akku noch durchhalten? Wenn ich bei dem Fuchs versuche den Akku zu wechseln, dann ist er weg. Hier muss ich mich ganz ruhig verhalten. Die kleinste Bewegung kann mich
verraten. So bleibe ich geduckt am Boden und habe die Kamera im Anschlag. Hoffend, der Akku hält jetzt noch. Völlig unbekümmert sucht der Fuchs nach Beute und kommt dabei immer näher auf mich zu.
Gemütlich hält der Fuchs sogar eine Weile inne und hält nach Beute Ausschau. Ein Sprung zur Seite, doch er hat die Maus wohl verfehlt. Der Fuchs sucht weiter und kommt noch näher. Es ist nicht
das erste Mal, dass ein Fuchs auf mich zu kommt. Doch mittlerweile ist er schon unglaublich nahe heran. So nahe, dass ich ihn nicht mehr ins Bild bekomme. Ruhig bleibe ich auf den Weg gekauert
und warte ab. Nichts ahnend schnüffelt der Fuchs noch näher heran. Dann biegt er um das letzte ernstzunehmende Gesträuch und ist unmittelbar vor mir. Vielleicht waren es noch zwei, sicher aber
nicht mehr als drei, Armlängen Abstand. Mit großen Augen schaut mich der Fuchs an. Was für ein Schreck. Mich hat der Fuchs nicht erwartet. Ein Satz und der Fuchs hat panisch eine 180°-Wendung
hingelegt und das Weite gesucht. - Was für ein Erlebnis! Danach kann ich nicht wirklich sagen, ob die Bilder oder das Erleben selbst den Höhepunkt darstellt.
Nachdem ich endlich den Akku gewechselt habe, knie ich noch weitere Minuten auf dem Forstweg und kann die zwei Rehe abwechselnd beobachten und fotografieren. Danach sichte ich die ersten
Fußgänger und weiß, die Zeit für ungestörte Wildbegegnungen ist für heute um.